GOTTHELF - WINTERTAGE 2004 / 2005
 
Tagebuch
Dienstag, 4. Januar 2005: Zurück in die Moderne
Bis in den frühen Morgen dauerte die Rückkehr und das Gewöhnen an die heimatliche Umgebung. Während sich Bea und Franz einen Schluck Weisswein gönnte, vergnügte sich Manuel als erstes mit seiner X-Box und Jasmin duschte sich intensivstens. Silvia und Tanja veranstalteten ein Rennen zur Badewanne. Diese musste gleich mehrere Male gefüllt werden, denn das Wasser wurde immer wieder schwarz vor lauter Russpartikel aus dem Gotthelf-Leben. Zudem war es überall ungewohnt hell. Silvia meinte dazu: «Alles ist so hell hier, es blendet mich.»

Nach erholsamem Schlaf waren die ersten Schwätzchen mit Nachbarn, Bekannten und Verwandten ein grosser Teil der Tagesbeschäftigung. Auf der anderen Seite galt es die Türme von Zeitungen durch zu forsten und Post zu lesen. Am Abend lud Berneck zur Willkommensfeier ein. Nach einer Begrüssungsansprache auf dem Dorfplatz spielte Musik auf.
Die prominent gewordenen Kollers sind zurück in Berneck. Es bleiben die Erinnerungen an die Gotthelf-Zeit. Gewiss werden die Erfahrungen die im Sahlenweidli gemacht wurden alle Beteiligten in ihrem Alltag beieinflussen.
Gotthelf-Wort zur Rückkehr
Sie sind daheim - im Rheintal:

«… sie sind daheim, müssen nicht weiter, sie können schlafen gehen, und wenn sie erwachen, haben sie das selige Gefühl, sie müssen heute nicht weiter; sie sind daheim, da können sie weilen, da werden sie weilen.»

(aus «Käthi, die Grossmutter» von Jeremias Gotthelf)
Montag, 3. Januar 2005: Abschied vom Sahlenweidli
Der letzte Tag der Familie Koller und Patrick Iten im Sahlenweidli war ein ganz normaler, ausser dass alles zum letzten Mal ausgeführt wurde. Melchen, Tiere ausführen, Stall ausmisten, Holz spalten, Ofen einfeuern, kochen ... Die Protagonisten des dreiwöchigen Sahlenweidli-Projektes konnten die Abreise kaum erwarten. Man lenkte sich mit grossen Putzaktionen ab. So schruppte beispielsweise Manuel die immer noch herumstehende Schlachtbank. Am Abend in der Sendung begann dann für die Kollers und Patrick Iten die Zeitreise zurück. Sie schlüpften in ihre von der Redaktion gehüteten Kleider. Trotz wohlriechenden Stoffen blieb ein rauchiges Düftchen auf Haut und Haar zurück. Dieses nehmen die Zeitreisenden mit nachhause und wird erst bei der ersten warmen Dusche oder einem Bad vom Körper weichen. Die Familie Koller wurde von ihrem Chauffeur im Mietwagen abgeholt. Aber nicht ohne Komplikationen: Das neuzeitliche Gefährt kam mitten auf dem vereisten Strässchen zum Hof nicht mehr voran. Hausbesitzer Hans Schenk musste mit dem Traktor herbeituckern um den Wagen hinaufzuziehen. Nach diesem Spektakel konnten sich die Kollers aber noch nicht zur endgültigen Abfahrt durchringen. Einen Halt im nahegelegenen Sahlenweidli-Pintli konnten sich die Kollers und vor allem Franz nicht entgehen lassen.
Patrick Iten wurde von seiner Freundin Sandra, seinem Bruder und dessen Freundin abgeholt. Sandra hatte ihm Zigaretten mitgebracht. Patrick sehnte sich aber auch nach einem kühlen Bier.

Durch die Nacht fuhren dann die beide Grüppchen zurück in die Moderne. Wie wird die Ankunft zuhause sein? Wie das Erwachen am nächsten Morgen?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag
Mehr als nur lange ersehnt. Der letzte Tag:

«Wem es so recht weh geworden ums Herz in der Fremde, der erst weiss, was die Heimat ist, der geht nicht mehr in die Fremde, wo eine Angst ihn ergriffen hatte, als ob von dort kein Weg zum Himmel führe.»

(aus «Käthi, die Grossmutter» von Jermemias Gotthelf)
Sonntag, 2. Januar 2005: Fan-Post für alle
Ein trüber Tag - Regen und Schneeregen wechselten sich ab. Schon am Morgen goss es von oben hernieder, und dies hielt den ganzen Tag an. Der übriggebliebene Schnee transformierte sich einmal mehr zu Pflotsch. Nur selten liess sich ein Familienmitglied draussen blicken. Sie bevorzugten die warme Stube. Grund hierfür war aber nicht nur das triste Wetter, sondern eine weitere Überraschung. Heute Mittag wurden der Familie Koller und dem Taglöhner Patrick zahlreiche Fanbriefe überbracht. Für jeden war etwas dabei, so dass alle mit Lesen beschäftigt waren. Interessant war vor allem zu erfahren, welchen Eindruck die einzelnen Familienmitglieder bei den Zuschauerinnen und Zuschauern hinterliessen.

Alle sehnen sich nun nach der Abreise. Nur noch eine Nacht bleibt ihnen im Sahlenweidli. Wie wird morgen die Stimmung sein? Wird sich doch noch etwas Wehmut einschleichen?
Gotthelf-Wort zum trüben Tag
Ob im Sahlenweidli oder zuhause, nach den Feierlichkeiten beginnt der harte Alltag:

«Das ist gar fatal für so Viele, dass sie wenn sie am zweiten Tage im Neujahr aufstehen, trüb im Kopfe sind und trübe im Gemüte; denn nun geht das Rechnen an, und sie sollen ausmitteln, obs im vergangenen Jahre mit ihnen vorwärts oder rückwärts gegangen, wir meinen nicht an der Seele, sondern bloss im Geldseckel.»

(aus «Käthi, die Grossmutter» von Jeremias Gotthelf)
Samstag, 1. Januar 2005: Neues Jahr - Gleicher Alltag
Das neue Jahr fing im Emmental mit einem prächtigen Tag an. Im wärmenden Sonnenschein machten die Kollers einen Spaziergang. Die anschliessende Schneeballschlacht erhöhte wohl den Puls jeden Teilnehmers und war von Kreischen und Freudenschreien begleitet. Zum Schluss kriegte auch das Fernsehteam einige Schneegeschosse ab.
Patrick blieb alleine beim Haus und war auch froh darum, einmal für sich zu sein. Er ist mit diesem Bedürfnis nicht alleine. Mittlerweile sehnt sich jeder Bewohner und jede Bewohnerinnen auf zuhause.
Um die Mittagszeit gabs erneut Besuch, welcher den alltäglichen Tagesablauf und die feiertägliche Langeweile druchbrach. Die Gemeinde Röthenbach schenkte der Familie einen riesigen Lebkuchen, überreicht durch den Gemeindepräsidenten.
Das schöne Wetter lockte auch viele Schaulustige ins Emmental und in die Nähe des Sahlenweidli, so dass die Kollers und Patrick oft die Hand erhoben und den Zuschauern zuwinkten.
Gotthelf-Wort zum Neujahrstag
Gotthelf hat sich immer wieder für Kinder eingesetzt - für ihr Wohl, ihre Ausbildung, ihre Geborgenheit. Beim Läuten der Totenglocke fragte einer, wer gestorben sei: «Ume es King» war die Antwort, und da mahnte Gotthelf:

«'Ume es King!' ist bald gesagt, aber wer es sagt, weiss nicht, was er sagt. Das Kind ist ein Neujahrstag, und der Neujahrstag trägt ein ganzes Jahr in seinem Schosse; ein Kind ist ein Rätsel, und in diesem Rätsel liegt vielleicht der Stein der Weisen. Ein Kind ist unendlich mehr als ein Mann, um dem Mann sind bereits die Schranken seiner Beschränktheit gezogen und ziehen alle Tage sich enger; ums Kind liegen noch keine Schranken …»

(aus «Anne Bäbi Jowäger» von Jeremias Gotthelf)
Freitag, 31. Dezember 2004: Silvester-Feuer-Party
Am heutigen Silvestertag gab es Besuch von oben. Ein Heissluftballon landete direkt vor dem Sahlenweidli. Nach kurzer Kontaktaufnahme der Gotthelf-Familie mit den Ballonpassagieren musste das grosse Flugobjekt wieder weiterfliegen, bis es endgültig in der Nähe des Sahlenweidli-Pintli anlegte und zusammengeräumt wurde.

Die himmlische Überraschung störte die Vorbereitungen auf den Silvesterabend nicht gross. Patrick leistete Schwerstarbeit bei der Erstellung einer Schneebar, die am Abend genutzt werden sollte.
Die Sonnenstrahlen frassen zwar braune Stellen in die winterliche Landschaft, trotzdem schlittelte Tanja wacker weiter.
Nach dem feierlichen Essen in der Stube begaben sich die Kollers und Patrick ins Freie. Ein grosses Feuer und Instellationen mit den Petrollampen erheiterten die Gemüter vor dem Sahlenweidli. Doch immer mehr Familienmitglieder wurden müde und begaben sich zu Bett. Franz war dabei der lauteste, denn sein Schnarchen liess das ganze Haus erzittern. Einzig Patrick harrte bis Mitternacht aus und beobachtete dann die verschiedenen Feuerwerkslichter in der Umgebung.
Gotthelf-Wort zum Jahresende
Ende Jahr - Zeit Bilanz zu ziehen, ob vor 150 Jahren oder im Übergang von 2004 zum 2005:

«Es ist überhaupt jedes Jahr, welches kömmt mit seinen 365 Tagen, eine dunkle Wolke, schwanger mit Tod und Not, mit Freude und Lust. Wie diese Wolke tritt die Zeit hinein, wird es lebendig in ihrem Schosse; die Wolke glüht, speit Blitze aus, zahllos, ununterbrochen, blitzt ins ohnmächtige Menschengeschlecht hinein Not und Tod, Lust und Freude, Millionen fallen, Millionen weinen, Millionen jauchzen auf, verstummen wieder, wenn von entgegen gesetzter Seite her millionenfacher Jubel schallt.»

(aus «Ueli der Pächter» von Jeremias Gotthelf)
Donnerstag, 30. Dezember 2004: Der Besuch der Zuppigers
Heute morgen war für Patrick auswärtige Arbeit angesagt. Zu Fuss machte er sich morgens um acht Uhr auf den Weg in die Sägerei in Eggiwil. Der Sägmeister erwartete ihn schon. Bevor man sich ans Holzzerkleinern machen konnte, musste zuerst der Platz vor der Sägerei vom Schnee freigeräumt werden. Dann ging der Taglöhner mit dem Sägmeister an die Arbeit. Die zwei Baumstämme, welche die Familie tags zuvor mit den Pferden in die Sägerei gebracht hatte, mussten zerkleinert werden. Mit sichtlichem Eifer sägte der Taglöhner das Holz in kleine Stücke. Nach getaner Arbeit dann die Belohnung: ein Mittagessen bei Sägmeisters, das war zu Gotthelfs Zeiten so üblich. Da der Sägmeister grad oberhalb des Sahlenweidli wohnt, hat Patrick dann auch einen kurzen Nachhause-Weg gehabt.

Am Nachmittag erwartete die Kollers Besuch von der ehemaligen Sahlenweidli-Familie. In voller Gotthelf-Montur marschierten die Zuppigers mit Hund Harley und Schlitten über die verschneiten Hügel Richtung Sahlenweidli. Dort wurden sie herzlich vom Koller-Clan empfangen. Als erstes gings direkt zu den Tieren, wo Manuel stolz das kleine Geisslein vorstellte, welches prompt ein Namensvetter von Vater Zuppiger ist, nämlich Seppli. Danach setzte sich die ganze Gemeinschaft gemütlich in die Stube und plauderte über gemeinsame Erfahrungen, Schwierigkeiten, aber auch über die schönen Seiten ihres Aufenthaltes im Emmental. Tanja und dem kleinsten Zuppiger, Niklas, wurde es schnell langweilig, und sie verzogen sich auf die Veranda, wo sie einander von geheimen Plätzchen und Lauschmöglichkeiten erzählten. In den Gesichtern von Zuppigers konnte man eine leichte Wehmut feststellen, und ab und zu fielen Sätze wie «Ich wär jetzt auch gern an eurer Stelle» oder «Es ist schon schön hier im Sahlenweidli». Doch schon bald hiess es Abschied nehmen und die Kollers tauchten wieder ab in ihr Leben vor 150 Jahren.

Morgen steht Silvester vor der Tür. Gemunkelt wird über eine Schneebar, welche Patrick unbedingt bauen möchte. Kommt es soweit und wie werden die Kollers und der Taglöhner den Jahreswechsel feiern?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag
Viel wurde in diesem Jahr über Gotthelf und sein Werk geschrieben, gesprochen – wie viel wurde eigentlich auch gelesen? Weshalb hat Gotthelf denn überhaupt geschrieben? Hier seine Antwort:

«Es ist merkwürdig, dass die Welt und nicht Ehrgeiz oder Fleiss mich zum Schriftsteller gemacht. Sie drückte so lange auf mich, bis sie Bücher mir aus dem Kopfe drückte, um sie ihr an die Köpfe zu werfen. Und da ich etwas grob werfe, so will sie das nicht leiden; das kann ihr eigentlich auch niemand übel nehmen. Indessen muss sie mir Platz machen, muss mich gelten lassen und zwar als keinen Esel, muss mir ein vernünftig Wort zu sprechen vergönnen, wann und zu was ich will. Ist einmal dieses Recht erkämpft, so werde ich sicher manierlich werden und sanft wie ein achttägiges Lamm und zuckersüss wie eine Welschlandtochter auf dem Tanzboden.»

(Brief J.G. an Joseph Burkhalter, 26. Dezember 1838)
Mittwoch, 29. Dezember 2004: Das grosse Holzschleiken
Heute morgen früh machten sich zwei Fuhrmänner mit ihren Pferden auf den Weg ins Sahlenweidli. Es galt, einen Baum zu fällen und ihn dann – mit Hilfe der Pferde - nach Eggiwil in die Sägerei zu bringen. Wie schon in der ersten Woche machten sich auch heute wieder Taglöhner Patrick und Franz an die Arbeit. Als die Tanne nach vielem Sagen endlich gefällt war, hörte man wieder das erleichterte Jauchzen von Patrick.
Als Belohnung für die Arbeit durften die zwei Pferde dann mutige Familienmitglieder auf ihren Rücken reiten lassen. Das erwies sich als nicht ganz einfach, da sowohl Sara wie auch Jasmin mit ihren Röcken zu kämpfen hatten. Doch einmal auf dem hohen Rücken der Pferde, schauten die Koller-Töchter glücklich drein. Patrick meisterte diese Reitaufgabe souverän und ritt wie ein Profi ohne Sattel durch den Schnee. Bei Franz war mehr Humor als Können vorhanden, aber auch er wurde nicht vom Pferd geworfen. Nach dieser kleinen Auflockerung galt es ernst. Die Tiere mussten den Baumstamm ins Dorf transportieren. Dazu brauchte es wieder die Hilfe von Patrick und Franz, die den Pferden gut zuredeten und versuchten, die Baumstämme hinten zu führen. Der Weg in die Sägerei verlief reibungslos und die zwei Fuhrmänner waren stolz auf ihre Pferde.

Bea musste heute tief im Vorratsgarten graben, um etwas Essbares zu finden. Der gesamte Vorrat war unter einer dicken Schneedecke versteckt. Sie meint, dass die Vorräte für ihren Aufenthalt noch reichen sollten. Durch den ständigen Einsatz und Gebrauch haben die Hände bei den Kollers und bei Taglöhner Patrick eine Farbe angenommen, die – wenigstens mit den vorhandenen spärlichen Waschmitteln – schwer weg zu bringen ist. Alle sind jedoch überzeugt, dass sie ihre Hände zuhause mit richtiger Seife wieder sauber kriegen.

Heute war Manuel wieder ein bisschen munterer als die letzten Tage. Er wagte sich für kurze Zeit sogar nach draussen. Wir hoffen, dass er morgen wieder quickfidel sein wird, um die letzten Tage im Sahlenweidli so richtig geniessen zu können.
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag
Holzverbrauch und Holzvorrat scheinen auch 2004 im Sahlenweidli immer wieder ein zentrales Thema zu sein. Ob zum Schnapsbrennen oder vor allem zum Kochen und Heizen ist es in den eisig kalten Tagen sehr willkommen.

«Käthi besass keinen Wald und auch kein Recht in irgend einem Walde. Wohl hatte sie eine so genannte Kunst in der Stube, das heisst in der Stube einen Tritt am Ofen von Sandstein, welcher durch das Kochen von der Küche her warm wurde. Aber so ein arm Fraueli, welches das Holz kaufen oder von guten Leuten erbitten muss, kocht weder Schinken noch Rinder… sondern geht mit dem Holze um wie sparsame Weiber mit dem Zucker; so ein Tritt wird daher vom gewöhnlichen Kochen nicht heiss… Käthi wäre eigentlich eine Frau gewesen für die neue Zeit, wo unvernünftig Holzschlagen und unvernünftig Holzbrennen viele Länder holzarm machen.»

(aus «Käthi die Grossmutter» von Jeremias Gotthelf)
Dienstag, 28. Dezember 2004: Schnapsbrennen
Das Schnapsbrennen stand heute auf dem Tagesprogramm. Mit Hilfe der Pferde wurde die Brennerei hinter das Haus der Gotthelf-Familie gezogen und dort installiert. Das gute Stück ist zwar erst 1922 gebaut worden, funktioniert jedoch nach dem selben System wie zu Gotthelfs Zeiten. Schon bald war alles bereit, um den vorbereiteten Kartoffelbrei einzufüllen. Dann hiess es heizen und nochmals heizen. Zusammen mit dem prominenten Gast Polo Hofer vertrieben sich die Männer des Hofes bei einem Schwatz die Zeit. Das Brennen des klaren Wässerchens wurde zur Geduldsprobe. Zudem mussten die Kollers missmutig zuschauen, wie sich ihr Holzbestand sehr schnell verkleinerte. Nachdem das Wasser zum Kühlen knapp geworden war, wich man auf Schnee aus, wobei auch Tanja mithalf, diesen zusammenzutragen. Mundartrocker Polo fand eine Sense, die er gleich als Musikinstrument einspannte. So «tängelte» er eine Runde vor sich hin. Am späteren Nachmittag lud der Brennmeister zur Degustation. Doch der frisch getropfte «Härdöpfeler» mundete nicht allen. Nichtsdestotrotz blieb Polo Hofer noch auf ein bisschen Gemütlichkeit bis zum Abend.
Manuel liegt zwar immer noch krank im Bett, sein Gesundheitszustand hat sich aber merklich verbessert. Bea hat das Fieber mit kalten Umschläge senken können.

Wie lange reicht das restliche Holz noch? Müssen die Kollers schon morgen einen Tag fürs Holzen einrechnen?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag
Der Schnapsbrenner auf Besuch. In Gotthelfs Werk ist das Thema "Branntewein" zentral. Kartoffel-Brennen wurde bald nach Gotthelfs Zeit verboten. Auch Käthi, die Grossmutter, war sich des Problems beim Schnapsbrennen mit Erdäpfeln bewusst.

«Dem Brenner mochte sie die Kartoffeln nicht geben, sie hatte ein Grausen darob; sie sah, wie viele Menschen sich ob dem Brennen und dem Branntewein versündigten, und wie sehr sie sich bei diesen Sünden beteiligte, wenn sie ihre Erdäpfel brennen liesse, vermochte sie nicht zu ermitteln.»

(aus «Käthi die Grossmutter» von Jeremias Gotthelf)
Montag, 27. Dezember 2004: Der Einstieg in die letzte Woche
Nun haben die Kollers und der Taglöhner Patrick das zweitletzte Wochenende im Sahlenweidli hinter sich und sind in die letzte Woche gestartet. Es scheint, als hätte sich der Alltag eingependelt und die Routine hat Einzug gehalten.

Leider hat es seit gestern nicht mehr geschneit, aber dank den tiefen Temperaturen bleibt die Schneepracht doch noch ein paar Tage erhalten. So versuchte sich Patrick wieder mit seinen Holzskis, und diesmal klappte es schon erheblich besser. Bis auf den Schlusssturz hatte er eine recht passable Leistung erbracht. Vielleicht lag es auch daran, dass er sich einen anderen Hügel ausgesucht hat. Das Schneevelo, welches Manuel zu Weihnachten geschenkt bekomen hatte, wurde auch heute wieder fleissig eingesetzt.

Während sich also Tanja und Patrick im Schnee austobten, widmeten sich die Frauen im Haus ruhigeren Aktivitäten wie dem Kochen und dem Stricken. Nachdem die beiden Freunde von Jasmin und Sara gestern
Sonntag, 26. Dezember 2004: Überraschender Besuch
Ein ganz besonderer Tag war dieser Sonntag für die beiden jungen Frauen auf dem Sahlenweidli-Hof. Von weit her angereist kamen ihre Freunde zu Besuch und sorgten damit für emotionales Tauwetter im kalten Emmental.

Manuel dagegen konnte sich nicht am Besuch erfreuen. Er lag den ganzen Tag krank im Bett. Jasmin leistete ihrem Bruder zeitweise Gesellschaft und verzichtete dafür sogar auf das Zusammensein mit ihrem Freund, obwohl er ja am frühen Abend das Haus schon wieder verlassen musste. Ob sich Manuel wohl beim Besuch in der Schule oder auf dem gestrigen Ausflug ins Dorf erkältet hat?
Gotthelf Wort zum vergangenen Tag
«Je grösser ein Elend ist, desto dankbarer ist man für jede Hilfe, und der erste helfende Mensch, wenn er schon nicht der ersehnte ist, wird zum Engel…»

(aus «Leiden und Freuden eines Schulmeisters I»)
Samstag, 25. Dezember 2004: Kirchgang mit Umwegen
Ausser Silvia und Tanja machten sich am Morgen alle auf den Weg ins Tal. Im Sonntagsgewand ging es hinunter in die Dorfkirche Röthenbach - zum Gottesdienst. In der Kirche erwarteten die Kollers und Patrick Iten viele Bekannte Gesichter: Verwandte und Bekannte hatten den Weg ins Emmental auf sich genommen. Nach der Predigt, einem Umtrunk im Rössli und einigen Schwätzchen machten sich die Bewohner des Sahlenweidli auf den Heimweg. Dieser führte an einigen Bauernhöfen vorbei, und mehr als ein Bauer lud die Ausflügler zu einem Besuch ein. Mit reichlich Wein und Leckerbissen intus und mit Präsenten im Gepäck trudelte die heitere Gesellschaft juchzend im eigenen Hof ein.

Gegen den Abend streiften Windböen über die mittlerweile wieder grünen Hügel. Wird die Nacht die Landschaft erneut in glitzerndes Weiss hüllen, so dass sich Tanja wieder ihrem Lieblingssport, dem Schlitteln, widmen kann?
Freitag, 24. Dezember 2004: Heilig Abend
Für den festlichen Abend putzten sich die Bewohner des Sahlenweidli gehörig heraus, was den Tag zum Waschtag machte. Im Rahmen der Möglichkeiten reinigte man auch das Haus. Der Webstuhl musste dem Christbaum weichen. Dekoriert wurde das Bäumchen mit Stechpalmen, Äpfeln und selbst angefertigten Strohsternen. Für die beiden Jüngsten, Tanja und Manuel, werden von Patrick ein Geschenk bekommen: Werden sie sich darüber freuen?
Gotthelf-Wort zum heiligen Abend
«So kam Weihnacht heran, ein grosser Tag im Volksleben wie im Leben der Menschheit. Es ist der Tag der Kinder. Durch ein Kind ward die sündliche Welt gesühnt und geheiligt, darum bringen die Erwachsenen den Kindern Gaben dar, Dankopfer, sichtbare Zeichen heiliger Gelübde, an den Kindern zu vergelten, was ein Kind an ihnen getan... Wo keine Kinder sind, fehlt oft der kindliche Geist, der nach oben zieht; nur zu gerne bemächtigt sich die Materie in hunderterlei Gestalt der Menschen und zieht sie nach unten.»

(aus «Käthi die Grossmutter»)
Donnerstag, 23. Dezember 2004: Weihnachtsvorbereitungen
Gestern gingen der Sahlenweidli-Clan nicht wie üblich um halb neun ins Bett. Eine ausgelassene Stimmung herrschte in der gemütlichen Stube. Mit Chris von Rohr wurde gesungen und Wein getrunken. Eine Auflockerung durch den Besuch war allen anzumerken und Patrick kommentierte: «Ein neues Gesicht hier oben zu sehen tut gut und ist eine grosse Auflockerung.» Am Morgen war jedoch der Muntermacher in Form des langhaarigen, «betuchten» Rockers verschwunden und der Alltag kehrte zurück.
Die Bewohner des Sahlenweidli stimmten sich heute auf die Festtage ein indem jeder in seinem Arbeitsbereich Vorbereitungen traf. Patrick, Manuel und Sara suchten im Wald ein geeignetes Weihnachtstännchen aus. Es durfte nicht zu gross sein, denn in der Stube im Sahlenweidli bleibt nicht mehr viel Platz, wenn es sich acht Personen bequem machen. Zurück auf dem Hof lockte der Weihnachtsbaum die Ziegen an, und beinahe wurde er Opfer einer gefrässigen Ziege. Dekorationsmaterial für den festlichen Baum fand man im Wald in Form von Moosstücken.

Bea bereitete Suppe und Brotteig vor. Am Abend sah das gebackene Brot sehr gelungen aus. Die anfänglichen Probleme mit dem Brotbacken scheinen überwunden zu sein.
Ausserordentliches ereignete sich später. Für einmal stand ein Fernseher, vorsichtig beschnuppert von Charly, in der guten Stube der Kollers. Sara erhielt von ihrem Freund im Rahmen der Live-Sendung via Fernseher eine Liebeserklärung. Dies beruhigte Sara sehr und sie bekundete, dass sie froh sei, dass die Zeit hier oben nun absehbar sei - bald könne sie ihren Freund wieder in die Arme schliessen.

Ob die Zeit nun schneller verstreicht, wenn die Abreise immer näher rückt? Wie erlebt Patrick das Fest der Liebe in einer anderen Familie?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Und da sieht doch Sara ihren Allerliebsten auf der Mattscheibe und vernimmt die Liebeserklärung:

«Oh, was so ein bekanntes Gesicht einem wohl tun kann, wenn man sich verloren glaubt! Das glaubt niemand, als wer es erfahren. Tun nun bekannte Gesichter einem schon so wohl, was meint ihr, wie müssen dem Verlassenen erst bekannte Herzen tun? Aber leider bleiben auf der Welt die meisten Herzen sich fremde, sind doch die meisten Menschen fremde in den eigenen Herzen.»

(aus «Leiden und Freuden eines Schulmeisters II» von Jeremias Gotthelf)
Mittwoch, 22. Dezember 2004: Prominenter Besuch
Heute morgen fing der Tag auch für die Jüngsten des Hauses, Manuel und Tanja, früh an. Warm eingepackt und mit Schulzeug bepackt, nahmen sie den langen Weg hinauf ins Schulhaus Kapf auf sich, um einen Morgen lang in die «normale Welt» einzutauchen. Für Tanja war dies der erste Kontakt mit Gleichaltrigen, seit sie vor mehr als einer Woche ins Sahlenweidli eingezogen ist. Glücklich, aber erschöpft kehrten sie am Mittag nach Hause.

Ein grosses Gesprächsthema war heute die Körperhygiene. Schon um neun Uhr morgens standen Silvia, Franz und Patrick vor einem grossen Kübel heissem Wasser und wuschen das allernötigste. Sie mussten dann schnell feststellen, dass es nicht einfach ist, nur mit einem Stück harter Seife und einem Holzstock Kleider sauber zu schrubben. Zur Hygiene gehört natürlich auch die Toilette, die bei den Kollers aus einem simplen Plumsklo besteht. Am Anfang benutzte die Familie Blätter als WC-Papier-Ersatz. Doch da die Blätter im Winter eher karg vorhanden sind und dazu noch feucht und eher klein sind, kamen sie auf die Idee, Heu zu gebrauchen. Wenn man das unangenehme Stechen ignoriert, eignet es sich – laut Kollers und dem Taglöhner Patrick – hervorragend als Toilettenpapier.

Heute Nachmittag erwartete die Sahlenweidli-Hausgemeinschaft prominenten Besuch. Die Rocklegende Chris von Rohr gestattete dem Emmental einen Besuch ab und verbrachte den ganzen Nachmittag und Abend im Kreise der Familie Koller. Er wurde sehr herzlich empfangen und nach ein paar Stunden hatte man das Gefühl, Chris sei schon von Anfang an Mitglied der Familie gewesen. Natürlich gab es auch Geschenke: Wein für die Älteren, und Tanja bekam eine Kinderperkussion aus der Karibik, mit welcher sie dann auch sofort begeistert musizierte. Es wurde viel gelacht und gespielt, aber es gab auch ernste und nachdenkliche Momente. In einigen Gesprächen – vor allem mit Silvia – zeigte der Rocker, dass unter seiner harten und coolen Schale ein weicher Kern steckt.
Die Überraschung war also vollends gelungen, und die Familie verbrachte einige schöne und abwechslungsreiche Stunden. Nachdem sich das ehemalige Krokus-Mitglied zu später Stunde verabschiedet hatte, kehrte wieder Ruhe im Sahlenweidli ein.

Morgen stehen die Kollers und der Taglöhner Patrick in der Hälfte ihres Aufenthaltes im Emmental. Wie sieht die Bilanz aus, und was ist für die kommenden Festtage geplant?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
«Hoher Besuch» aus der Stadt ist angesagt:

«Wie oft ists einem Menschen, wenn er doch nur da oder dort eingeladen, in diese oder jene Gesellschaft aufgenommen würde, es ist der höchste Gegenstand seines Sehnens und Strebens. Ist er aufgenommen, ist er mitten unter ihnen, sitzt er am ersehnten Tische, dann fühlt er sich unendlich gehoben: er steht an einem Ziele, er ist glücklich, hoffnungsvoll, er gehört einem Kreise an, der ihm Halt im Leben gibt, eine Stellung verschafft.»

(aus «Ueli der Pächter» von Jeremias Gotthelf)
Dienstag, 21. Dezember 2004: Schlachttag
Die Nahrungsvorräte der Kollers erweiterten sich heute. Ein Wollschwein wurde geschlachtet und verarbeitet: Die Vorbereitungen liefen schon früh morgens an, indem man 100 Liter Wasser erhitzen und die Schlachtbank reinigen musste. Gegen neun Uhr traf der Störmetzger Fritz Schüpbach mit seinem Gehilfen ein. Bald darauf ging es zur Sache. Mit einem Bolzenschuss wurde das Schwein getötet. Nach dem Ausbluten stellte sich das darauffolgende Entborsten im brühendheissen Wasser als mühsame Arbeit heraus. Auf der Schlachtbank nahm Fritz Schüpbach das Tier aus und zerlegte es in Einzelteile: Bis auf die zu kleinen Füsse könne man alles weiterverwerten, informierte der erfahrene Metzger.

Jasmin wohnte der Tötung bei, konnte sich aber nur langsam vom Anblick des an einem Bein herbeigezogenen Schweines erholen: «Es hat so krass ausgesehen.» Tanja wäre gerne dabei gewesen, ihre Mutter Silvia war jedoch dagegen, worauf das vierjährige Mädchen in der Stube vor sich hin schmollte.

Zum Mittagstisch waren wieder alle vereint, und es gab das erste Frischfleisch für die Leberliebhaber. Die anderen konnten sich an dem von Manuel angerührten Milchreis verköstigen. Traditionell wurde nach dem Festmahl mit Musik die erfolgreiche «Metzgete» zelebriert und gar ein Tänzchen geschwungen. Nachmittags drehte man unter Leitung des Störmetzgers kleine Reststücke des Fleisches und gewisse Innereien durch den Fleischwolf. Mit einer Gewürzmischung vermengt, presste man die Fleischmasse in die Schweinedärme. Neben den Bratwürsten produzierte man auch Blutwürste, die es zum Abendessen gab.

Gute Nachrichten verkündete der Tierarzt: Der Gesundheitszustand der am Vortag gestallten Schafe hat sich gebessert, so dass ihnen schon morgen ein paar Stunden frische Luft gewährt werden können.

Wie werden morgen die Sahlenweidli-Bewohner auf den Besuch von Chris von Rohr reagieren? Wird der Gast auf der von ihm geprägten Forderung «meh Dräck» beharren?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
In Gotthelfs Werken ist über die Schlachtung von Tieren kaum etwas zu lesen. Umso ausführlicher aber die Beschreibung opulenter Mahlzeiten. So etwa das Taufessen in «Die Schwarze Spinne».

«Als man mit der Suppe fertig war, wischte man die Löffel am Tischtuch wieder aus, die Züpfe wurde herumgeboten, jeder schnitt sich sein Stück ab und sah zu, wie die Vorspeisen an Safranbrühe aufgetragen wurden, Voressen von Hirn, von Schaffleisch, saure Leber. Als die erledigt waren in bedächtigem Zugreifen, kam, in Schüsseln hoch aufgeschichtet, das Rindfleisch, grünes und dürres, jedem nach Belieben, kamen dürre Bohnen und Kannenbirenschnitze, breiter Speck dazu und prächtige Rückenstücke von dreizentnerigen Schweinen, so schön rot und weiss und saftig.»

(aus «Die Schwarze Spinne» von Jeremias Gotthelf)
Montag, 20. Dezember 2004: Der erste Schultag für Manuel und der Marsch zur Dorfmühle
Heute Morgen früh um sieben begann für Manuel der grosse Tag. Er stapfte tapfer im Dunkeln durch den Schnee, um rechtzeitig zum Unterrichtsbeginn in seiner neuen Klasse zu sein. Vom Lehrer und seinen Schulkameraden wurde er herzlich willkommen geheissen. Zum Mittagessen gab es feine Suppe (von einer Mitschülerin zubereitet), Zopf und Salami, um dann gestärkt den Nachmittagsunterricht zu bewältigen.

Während Manuel die Schulbank drückte, machte sich vom Sahlenweidli-Hof eine kleine Schar mit zwei Schlitten auf den Weg ins Dorf. Nach circa einstündigem Marsch erreichten Franz und seine beiden Töchter Sara und Jasmin ihr Ziel - die Dorfmühle - und wurden dort freundlich empfangen. Zum Aufwärmen gabs Tee und Kaffee. Anschliessend hatten sie die Aufgabe, in der Mühle das Korn zu mahlen, das sie für die verschiedensten Koch- und Backgerichte brauchen. Der Heimweg erwies sich als beschwerlicher, da Franz und seine Töchter das Mehl zu Fuss transportieren mussten und das Gehöft Sahlenweidli zudem hoch auf dem Hügel liegt. Sara und Jasmin bereuten denn auch, dass sie sich so warm angezogen hatten.

Tanja vergnügte sich heute einmal mehr mit den Katzen, dem kleinen Welpen und ihrem Schlitten im Schnee. Obwohl die Temperaturen kaum über den Gefrierpunkt gelangten und die Sonne sich überhaupt nicht zeigen wollte, verbrachte der Taglöhner Patrick mit wenigen Unterbrüchen den ganzen Tag mit Holz-Sägen. Am Nachmittag gesellte sich Franz zu ihm. Patrick musste auch noch diverse Dinge im Haus reparieren, solange das Tageslicht genügend hell war. Bea und Silvia standen auch heute wieder viele Stunden in der Küche, um die acht hungrigen Mäuler stopfen zu können. Denn nach so viel körperlicher Arbeit und Kälte sagt man nicht nein zu einer kräftigen und warmen Mahlzeit.

Heute gab es noch einen kleinen tierischen Zwischenfall. Am Morgen bemerkte Franz bei den Schafen eine gewisse Unruhe. Die zwei kleinen Lämmlein schienen zu kränkeln. Da man kein Risiko eingehen wollte, rief man sofort den Tierarzt, der leichtes Fieber feststellte. So wurden die Lämmlein mitsamt Mutter kurzerhand in den Stall gezügelt, wo sie mehr Wärme geniessen können. Hoffen wir, dass sie bald wieder gesund werden.

Wie gehts mit den Weihnachtsdekorationen voran? Weiss Tanja schon von ihrer Geschenküberraschung?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Waren da nicht Spannungen zwischen Franz und Silvia Koller zu spüren?

«Es ist doch kurios, wie die gleichen Worte ungleiche Produkte erzeugen in den Herzen der Menschen, so dass man fast sagen möchte, dass Worte nichts bedeuten, die Stimmung des Herzens aber alles.»

(aus «Annebäbi Jowäger I» von Jeremias Gotthelf)
Sonntag, 19. Dezember 2004: Haarewaschen im Haus Sahlenweidli
In der Nacht auf heute hat es noch einmal Schnee gegeben. Aber kaum war es Morgen, hat es angefangen zu tropfen, was sich dann im Verlauf des Tages zu Dauerregen entwickelt und den ganzen Tag über angehalten hat. So wurde die schöne weisse Schneepracht schnell zu Pflotsch und es war kein Vergnügen mehr über die Felder zu stapfen. Nichts desto trotz zückte Tanja am Morgen den Schlitten und testete warm eingepackt und mit Handschuhen und Wollkappe diverse Geländeteile ums Haus auf dessen Spassfaktor.

Es heisst, am Sonntag solle die Arbeit ruhen: Dies konnte die Sahlenweidli-Familie nicht einhalten. Fanz, Manuel und Patrick hatten noch haufenweise Holz zum Verarbeiten. Derweilen die Männer im Unterstand vor dem Stall Holz sägten und spalteten, wurde im Haus emsig den Hausarbeiten nachgegangen. Zudem wird an einem Weihnachtsgeschenk für Tanja gebastelt. Mit was Tanja überrascht werden soll, bleibt aber ein gut gehütetes Geheimnis.

Dieses Wochenende war im Haus Sahlenweidli Waschen angesagt. Die ganze Hausgemeinschaft war mit Haarewaschen beschäftigt. Ansonsten blieb es heute ruhig ums Sahlenweidli, und selten liess sich ein Familienmitglied oder der Taglöhner draussen blicken – angesichts des wenig erfreulichen Wetters.

Gespannt wird der erste Schultag von Manuel erwartet. Was werden seine Schulkameraden sagen?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Die Sonntagsruhe wurde von den Kollers nicht eingehalten:

«Der Sonntagnachmittag hat eine gar eigentümliche Bedeutung. Er ist ein Meilenzeiger auf unserer Pilgerstrasse, er ist aber auch eine Geistesprobe für unser Inwendiges. Junge Beine laufen Spiel und Freuden nach, zum Verstande gekommene Beine gehen allerlei nützliche Gänge, alte Beine ruhen gerne auf warmem Ofentritt oder einem sonnigen Bänklein.»

(aus «Käthi, die Grossmutter» von Jeremias Gotthelf)
Samstag, 18. Dezember 2004: Der erste Schnee
Die stürmische Nacht legte eine feine Schneedecke über die Hügel im Emmental - ganz zur Freude von Tanja. Immer wieder packte sie, mit Kappe und Schal ausgerüstet, ihren Schlitten und rutschte los. Leider hatte es dann doch etwas zu wenig Schnee, um richtig in Fahrt zu kommen. Ein zweiter Bewohner des Sahlenweidli konnte sich vor lauter Freude nicht mehr halten: Der Welpe Charly hatte noch nie zuvor Schnee gesehen und tobte sich wie wild in dem ihm noch unbekannten, glitzernden Element aus.

Familie Koller und Patrick Iten hielt sich an diesem ruhigen Tag viel im Haus auf. Über das Wochenende soll es mehr Schnee geben: Wie wird sich dies auf das Leben der Kollers auswirken?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Nach der unruhigen Nacht hatten Kollers wenig Lust draussen zu Arbeiten. Der Tag wollte nicht enden:

«Es gibt Stimmungen im Menschenleben, wo man zu gar nichts mehr Lust hat, und das sind wohl die trübseligsten.»

(aus Gotthelfs «Leiden und Freuden eines Schulmeisters II»)
Freitag, 17. Dezember 2004: Der grosse Baumfäll-Tag
Seine erste Nacht im Sahlenweidli überstand der Taglöhner Patrick problemlos. Er hat sich schon an die winterlichen Verhältnisse gewöhnt. Das einzige, was ihm noch ein bisschen zu schaffen macht, sind seine Blasen, die er sich bei seinem Marsch ins Sahlenweidli zugezogen hat.

Der heutige Tag hat für die Männer im Sahlenweidli schon früh und streng begonnen. Heute galt es, im angrenzenden Wald Bäume zu fällen. Sie bekamen tatkräftige Unterstützung vom Forst-Experten Fritz Gerber. Patrick, kaum einen Tag bei den Kollers, hat beim Bäume fällen auch schon kräftig Hand angelegt. Als dann die erste Tanne fiel, war er sichtlich erfreut und konnte sich einen Freudenschrei nicht verkneifen. Doch die Arbeit war damit noch lange nicht getan. Nun mussten alle Äste vom Stamm abgetrennt werden - wenn man beachtet, dass es im 19. Jahrhundert noch keine Motorsäge gab, war das ein anstrengendes Stück Arbeit. Franz freute sich dann auch auf ein stärkendes Mittagessen, das die Frauen währenddessen in der Küche vorbereitet hatten.

Die weiblichen Familienmitglieder verbrachten auch heute den grössten Teil des Tages im Haus und waren mit kochen, weben und Tiere versorgen beschäftigt. Es scheint, als hätte sich langsam eine Art Alltag eingependelt - jedem Familienmitglied sind bestimmte Aufgaben zugeteilt.

Wann wird wohl der erste Schnee fallen?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Frau Koller scheint sich mit dem Kochherd und den Lebensmitteln zur Zubereitung der Mahlzeiten gut angefreundet zu haben und hat gemerkt, dass auch im Sahlenweidli Essen etwas Zentrales ist. Da wird sie wohl Gotthelfs Rat bereits intus haben:

«Es ist wohl nichts dümmer auf der Welt, als wenn man zu schlecht zu essen gibt und es besser geben könnte.»

(aus «Ueli der Pächter» von Jeremias Gotthelf)
Donnerstag, 16. Dezember 2004: Der Taglöhner trifft ein
Gegen Mittag marschierte ein dunkel gekleideter Mann mit grossen Schritten die Hügel hinunter zum Gehöft auf der Sahlenweid. Familie Koller begrüsste den Neuzuzüger Patrick Iten herzlich und boten ihm einen Schluck Apfelmost an. Er war am Vortag in Thun mit etwas Käse, Wurst und einem Fläschchen Wasser im Rucksack losgewandert. Hinsichtlich des Nachtlagers hatte er grosses Glück gehabt, denn ihm war beim angefragten Hof ein Gästezimmer angeboten worden. So hatte er zum letzten Mal für die nächsten Wochen in einem geheizten Zimmer übernachtet.
Die Strecke von Thun ins Sahlenweidli entspricht derjenigen, die ein Tagelöhner in früherer Zeit zurückgelegt hat, um in seiner Heimatregion die Festtage zu geniessen. Patrick wird die Wintertage bis zum 4. Januar mit der Familie Koller im Sahlenweidli verbringen.

Schon stand auch eine erste Bewährungsprobe an. Die Schafe waren aus ihrem Gehege entwischt und irrten, sich gegenseitig folgend, fast eine Stunde auf den umliegenden Wiesen umher. Alle, bis auf Silvia und Bea, die im Haus arbeiteten, halfen mit, die wolligen Tiere wieder zurückzutreiben. Dies war anstrengend, da der Boden glitschig und die blökenden Schafe erstaunlich schnell waren.

Am späteren Nachmittag ging es gemächlicher zu und her, denn eine Weberin besuchte die Gotthelf-Familie. Sie stand beim Spinnen, Zwirnen und Weben mit Tipps und Tricks zur Seite. Ein neues Halsband für Charly war das erste Handarbeitsprodukt aus der warmen Stube im Sahlenweidli.

Der Verlust des Zeitgefühls hätte Bea fast ein Schnippchen geschlagen, denn ihr war nicht mehr bewusst, dass heute Hochzeitstag zu feiern war. Den beiden Jubilaren überreichte Roland Luder eine Flasche Wein, gleichzeitig hatten sie einen Wunsch frei: Bea wünschte sich Tabak.

Wie wird Patrick von der Familie aufgenommen? Und wird er sich an die kargen Verhältnisse gewöhnen?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Der Umgang mit der Zeit scheint im Sahlenweidli recht neu und anders zu sein. Der Tagesablauf der Kollers und auch die Reiseart des Tagelöners Patrick auf seinem Weg in die Vergangenheit weisen darauf hin. Da lohnt sich wohl ein Lesen der letzten Erzählung von Jeremias Gotthelf aus dem Jahre 1854. In «Die Frau Pfarrerin» legt er uns ein schönes Beispiel vor über den Umgang mit der Zeit.

«Eine Hauptsache für jeden Menschen, welche bei weitem nicht genug beachtet wird, ist, zu wissen immerdar, was für Zeit es sei. Wer die Sache kurz nimmt, wird die Nase rümpfen und sagen, schwer sei das nicht, wenn man eine Uhr habe, und so wichtig sei es auch nicht; habe man ja doch eben die kürzeste Zeit, wenn man vergesse, was für Zeit es sei – wenn man nur die Essglocke nicht überhöre, selb sei allerdings fatal...»
Mittwoch, 15.12.2004: Eine tierische Überraschung
Die zweite Nacht war für Familie Koller ruhiger und ein jeder hat in seinem Bett geschlafen. Der Tag fing für Franz und Manuel wiederum im Dunkeln an. Um halb sieben standen sie im Stall und schauten dort zum Rechten. Franz kümmerte sich ums Kuh- und Ziegenmelken, und Manuel versorgte das kleine Geisslein mit frischer Milch, die jedoch vorher noch in der Küche zur richtigen Temperatur aufgewärmt werden musste. Nach einem warmen Frühstück, kaum dass die ersten Sonnenstrahlen die Luft erwärmten, fingen die Männer schon fleissig an zu holzen. Angesichts des zu erwartenden Schnees tun sie gut daran, genügend Vorrat anzulegen.

Am Nachmittag kam dann eine tierische Überraschung auf die Kollers zu – sechs Schafe trabten den Weg hinauf Richtung Sahlenweidli. Beobachtet von Sara und der kleine Tanja näherten sich die drei Schafe und drei Lämmlein langsam und zaghaft. Nach einigem guten Zureden und viel Geduld machten sie sich schliesslich auf den Weg.
Währenddessen hatte sich im Haus Sahlenweidli schon herumgesprochen, dass etwas im Tun war, und alle schauten neugierig die Strasse hinunter.
Nun galt es, für die neuen Mitbewohner ein Zuhause zu bauen. Wichtig war vor allem die Zaunhöhe, da sich die Schafe schnell als recht sprungfreudig erwiesen hatten. So wurde den ganzen Nachmittag fleissig hinter dem Haus gehämmert - auch die Frauen halfen kräftig mit.

Gegen Abend nach dem Eindämmern wurde es ums Haus ruhig, und die Familie vereinte sich in der Stube. Ein häufiges Gesprächsthema waren auch heute die Zigaretten, die das eine oder andere Familienmitglied ab und zu gern rauchen würde. Doch bis jetzt halten sie alle tapfer durch.

Wird die neue Tierfamilie die Kollers weiterhin auf Trab halten? Wird der morgige Tag erneut eine Überraschung bringen?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Nach und nach werden sich die Kollers wohl an die neue Umgebung gewöhnen (müssen) – ein guter Rat zur Aufmunterung ...

«Man soll nichts erzwingen, sondern denken, was geschehe, sei sicher gut für etwas, und wenn man es recht nehme, diene es zum Besten.»

(aus «Uli der Pächter» von Jeremias Gotthelf)
Dienstag, 14.12.2004: Nach unruhiger Nacht in den Gotthelf-Alltag
Sternenklar war die Nacht, und da man im Sahlenweidli fern von grossen Lichtquellen der Städte ist, konnte man mit einem Blick in den Himmel in ein Sternenmeer eintauchen. Klare Nächte bedeuten auch tiefe Temperaturen, so dass die Kollers alles andere als eine ruhige Nacht verbracht haben. Jasmin und Sara war es in ihrem Zimmer trotz wärmenden Kirschsteinbeuteln zu kalt. So begaben sich die beiden einen Stock tiefer ins elterliche Schlafzimmer. Wie vor 150 Jahren schliefen folglich mehrere Leute eng nebeneinander in einem Bett mit dem willkommenen Vorteil, dass man sich gegenseitig warm geben konnte. Doch der harten Bedingungen nicht genug – die Kollers sind am Morgen mit Rückenschmerzen erwacht, da die Matratzen doch nicht die gewohnte Beschaffenheit aufweisen.
In der Rauchküche benötigt das Zubereiten der Mahlzeiten nach Aussage von Bea vier bis fünf Mal soviel Zeit wie in heutigen Küchen. Ein haushälterisches Problem steht im Mittelpunkt: Das Brotbacken will einfach nicht richtig gelingen. Die gesammelten Erfahrungen beim Backen im Vorfeld zu Hause und im Ballenberg konnten bisher nicht weiterhelfen.
Um einen Vorrat an Brennholz zu haben, wurde am Nachmittag das am Waldrand gelagerte Holz zerkleinert, nur unterbrochen durch eine erste Kaffeepause.

Während die Familie ruhig wirkte, waren die Tiere kaum zu halten. Auf dem Weg vom Gehege bis zum Stall gelang dem Mutterschwein Dolly fast die Flucht und ihre flinken Ferkel trippelten, quietschend wie am Spiess, in alle Richtungen. Nach einiger Aufregung befanden sich dann aber bald alle Tiere am richtigen Ort.

Auch die Zahnteufel hat es zu Gotthelfs Zeit schon gegeben. Und so war vor der Nachtruhe Zähneputzen mit der Schweineborsten-Zahnbürste angesagt. Obwohl das Zahnpulver lecker schmeckte, konnte es den Geschmack der Schweineborsten nicht übertunken. Zudem lösten sich die Borsten von der Bürste.

Der Einstand im Sahlenweidli scheint gelungen. Doch was wird morgen auf die Kollers zukommen? Werden sich diese Nacht alle mit einem tiefen Schlaf erholen können?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
Zur Kälte in der Nacht, zur harten Matratze und den warmen Füssen im Bett der Eltern...

«Je grösser ein Elend ist, desto dankbarer ist man für jede Hilfe, und der erste helfende Mensch, wenn er schon nicht der ersehnte ist, wird zum Engel....»

(aus «Leiden und Freuden eines Schulmeisters I» von Jeremias Gotthelf)
Montag, 13.12.2004: Zurück in die Vergangenheit
Die neue Gotthelffamilie traf nach langer Reise mit dem Minibus gegen die Mittagsstunden im Sahlenweidli ein. Die Kollers hatten für den Hinweg eigens einen Chauffeur engagiert. Die Zeitreise für Vater Franz, Mutter Bea mit Sara, Jasmin und Manuel sowie Franzs Schwester Silvia mit Tochter Tanja, ständig umwinselt vom drolligen Welpen Charly, konnte beginnen. Zuerst stand die äussere Verwandlung an. Die Frauen schlüpften in die wollenen Strümpfe und umhüllten sich mit ihren diversen Röcken, während sich Franz und Manuel Hemd und Hosen zuknöpften. Zusammen mit den neuzeitlichen Kleidern musste sich die Familie auch von der letzen Kontaktmöglichkeit zum gewohnten Umfeld verabschieden – die Handys wurden eingezogen.
Als dann die beiden Töchter Sara und Jasmin auch noch die Schmuckstücke aushändigen mussten, flossen Tränen, da dies wieder die Konsequenzen der Entscheidung für das Leben zu Gotthelfs Zeiten vergegenwärtigte.

Bei wärmendem Sonnenschein galt es, sich an die neuen, aber urtümlichen Lebensbedingungen anzuklimatisieren. Bea inspizierte das Epizentrum des leiblichen Wohles, die Rauchküche, indem sie kein Töpfchen oder Krüglein unerforscht lies. Im Bewusstsein, dass bald akute Hungergefühle auftauchen könnten, mischte man den ersten Brotteig und bereitete die Zutaten für die erste warme Mahlzeit im Sahlenweidli zu. Gleich nebenan, im Stall, bekamen die restlichen Kollers eine Einführung in artentsprechender Tierhaltung. Kühe, Kaninchen, Hühner, ein Knäuel jüngster Ferkelchen, Wollschweine, Ziegen, zwei Katzen sowie den drolligen Charly gilt es während den kommenden Wochen ebenfalls zu umsorgen. Alle unter einem Dach vereint, werden die Tiere künftig einen grossen Teil des Tagesablaufs der Familie bestimmen. Und in dieser Hinsicht sorgte das Zusammenführen von Muni «Baron» und der «stierigen» Sahlenweidli-Kuh für eine erste Aufregung im idyllischen Emmentalerland.

Mit dem Abtauchen der Sonne hinter den Bäumen des angrenzenden Waldrandes wurde es merklich kühler und immer dunkler. Wie erleben die Kollers wohl ihre erste Nacht im Emmental? Wird ihnen der Zeitsprung auf Anhieb gelingen?
Gotthelf-Wort zum vergangenen Tag:
«Wie es so geht, wenn Leute fortgehen oder fortreiten, die Bleibenden stehen zusammen und senden den Enteilenden nicht Kugeln aber Worte nach, liebe und treue, böse und falsche, je nachdem die Büchse ist, aus dem die Worte geschossen werden, denn auf die kömmt alles an und nicht auf die Enteilenden.»

(aus «Geld und Geist» von Jeremias Gotthelf)

Buchhinweis: In der Erzählung «Wassernot im Emmental» von Jeremias Gotthelf ist der Standort Röthenbach und Eggiwil, und damit die Region um das Sahleweidli sehr gut beschrieben.