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Freitag, 13. August 2004: Der Abschied
Kaum aus den Federn gekrochen und das letzte Zmorge im Sahlenweidli genossen, hiess es für Familie Zuppiger heute aufräumen. Die Räume wurden gekehrt, das Geschirr abgewaschen und die Tiere gepflegt. Es herrschte Aufbruchstimmung. Ein letztes Mal das Zmittag gekocht, ein letztes Mal ein kurzes Mittagsnickerchen eingelegt. Ein Abschied mit Wehmut.

Doch zuvor wurde die Familie Zuppiger noch einmal gefordert. Am Nachmittag besuchten einige Medienschaffende das Sahlenweidli, um vor Ort von den Zuppigers das Fazit über die letzten drei Wochen zu erfahren. Interviews statt Feldarbeit. Posieren statt Grasen. Niklas und Quirin entpuppten sich dabei als ebenso gewiefte Medienprofis wie ihre grosse Schwester und ihre Eltern: Für eine private Fernsehstation interviewte Niklas seinen älteren Bruder: «Was wirst du vermissen, wenn du wieder zu Hause bist? Auf was freust du dich am meisten?» Nur bei der Frage «Wie gehst du nun mit deiner Berühmtheit um?» musste Quirin seinem jüngerem Bruder bei der Fragestellung soufflieren, da die an Quirin gerichtete Frage von ihm selbst stammte... Schmunzeln bei den umstehenden Medienleuten. Niklas erforschte weiter die Schweizer Presselandschaft und blieb schliesslich vor einem Fotografen stehen. Mit grossen Augen betrachtete er die Digitalkamera: «Darf ich mal fotografieren?» Nach einigen wenigen Erklärungen machte Niklas seine ersten fotografischen Versuche im und rund ums Sahlenweidli. Der wunderbar hergerichtete Garten musste ebenso auf die digitale Speicherkarte gebannt werden wie die Mitglieder des Fernsehteams.

Um 19 Uhr stand die letzte Live-Schaltung mit Kathrin Winzenried ins Sahlenweidli auf dem Programm. Während der Sendung zogen sich die Zuppigers um. Zurück in der Gegenwart verabschiedeten sie sich alsbald von der Besitzerfamilie Schenk, ihren lieb gewonnenen Tieren, dem Fernsehteam und ihrem ans Herz gewachsenen Sahlenweidli. Für Anina ist klar, dass der Abschied nur von kurzer Dauer sein wird. In den Herbstferien darf sie bei der Familie Schenk Ferien machen und dem Tierarzt Samuel Balmer für ein paar Tage über die Schultern schauen. Auch die anderen vier Zuppigers werden bestimmt wieder an den Ort zurückkehren, wo sie knapp drei Wochen wie zu Gotthelfs Zeiten lebten. An den idyllischen Fleck Erde, namens Sahlenweidli – an der Gemeindegrenze zwischen Röthenbach und Eggiwil.
Donnerstag, 12. August 2004: Getreideernte
Auch am zweitletzten Tag ihres Aufenthaltes im Sahlenweidli ging die Arbeit für die Familie Zuppiger nicht aus. Heute musste das Getreidefeld neben dem Kartoffelacker abgeerntet werden. Nach Ueli Heinigers Hilfe beim Emden durften Josef, Mirta, Anina, Quirin und Niklas heute auf die Unterstützung von einem erfahrenen Knecht zählen. Der Luzerner SVP-Nationalrat und Bauer Josef Kunz half nämlich für einen Tag auf dem Sahlenweidli aus. Der Parlamentarier weiss nicht nur, wie man auf dem Hof richtig zupackt, sondern verfügt auch über einschlägige Filmerfahrung. Im Dokumentarfilm «Mais im Bundeshuus» von Jean-Stéphane Bron über die hitzige «Gen-Lex»-Debatte im Parlament war er einer der gefeierten Protagonisten.

Zu früher Morgenstunde, beim ersten Augenschein auf dem Feld, meinte der Knecht zu seinem Meister: «Da hats noch Tau auf den Ähren. Komm Sepp, lass uns erst einen Kaffee nehmen!» Das fing ja schon mal gut an mit der neuen Hilfskraft... Und so sassen die beiden bald darauf in der gemütlichen Stube beim Zmorge-Kaffee. Scheinbar mit sich, dem Koffein-Getränk und der Umgebung zufrieden. «Der erste Eindruck von einer Bäuerin ergibt sich daraus, ob der Kaffee genügend heiss ist», meinte Knecht Josef Kunz ironisch. Und gab damit Mirta zu verstehen, dass sie ihre Arbeit in den letzten knapp drei Wochen bravourös gemeistert hat. Kaum war das «Kacheli» leer getrunken, gings dann auch an die Arbeit. Zusammen mit Josef und Anina mähte Josef Kunz das Feld mit Sommerweizen und -gerste innert einer Stunde ab. Sie schnürten das Getreide zu Garben und türmten diese anschliessend zu sogenannten «Puppen» auf.

Dass der Knecht mit allen Wassern seiner Zunft gewaschen ist, zeigte der arbeitssame Tagelöhner kurz nach Mittag: Josef Kunz hatte nicht nur heimlich eine Flasche «Bätziwasser» ins Sahlenweidli geschmuggelt, sondern auch noch gleich ein Schwyzerörgeli mitgenommen. Auf diesem spielte er ein paar lüpfige Tänzchen – dies waren die ersten musikalischen Momente für die Familie Zuppiger seit dem Einzug ins Sahlenweidli vor fast drei Wochen. Dementsprechend gross war bei den Sahlenweidli-Bewohnern die Freude über die Darbietung. So gross, dass auch ein Huhn den ungewohnten Klängen lauschte und im Takt mitgackerte.

Am späteren Nachmittag hiess es auf dem Heuboden beim Dreschen nochmals tüchtig zupacken. Kaum legte der Abend seinen dunklen Schleier über den idyllischen Ort krochen die drei Kinder und Josef und Mirta in ihre Better für die letzte Nacht im Sahlenweidli. Noch einmal schlafen, dann ist für Familie Zuppiger das dreiwöchige Abenteuer zu Ende.
Mittwoch, 11. August 2004: Josef stinkt's!
«Bschütte» - Jauche auf der Wiese verteilen - das war die heutige Aufgabe von Familie Zuppiger. Vor allem Josef wehrte sich anfänglich gegen diese unangenehme Arbeit: «Das stinkt fürchterlich!», sagte er grimmig.
Doch es half alles nicht: die Tierfäkalien ausschütten gehörte vor 150 Jahren genauso zu den Aufgaben eines Bauern wie heute. Nachbarsbauer Hans Schenk zeigte Josef Zuppiger wie er die schlecht riechende Flüssigkeit über den Rasen ausschütten muss. Und Josef schlug sich tapfer: geduldig verteilte er fünf Schubkarren voller «Gülle» vor dem Sahlenweidli. Die Kinder Anina, Quirin und Niklas halfen ihm dabei. Zum Glück der Zuppigers mussten sie nur die Jauche der Kühe ausschütten - diejenige von den Schweinen hätte noch viel übler gerochen.

Ansonsten hatten Josef, Mirta, Anina, Quirin und Niklas heute einen relativ ruhigen Tag. Die Kinder spielten erneut auf der Bühne im Heu und draussen mit den jungen Wollschweinen. Alle müssen sie das Bauernleben noch geniessen - in zwei Tagen ist schon wieder Schluss mit dem «Leben wie zu Gotthelfs Zeiten». Dann geht es zurück in die Gegenwart und die Zivilisation.
Dienstag, 10. August 2004: Quirins Geburtstag
Im Sahlenweidli wurde heute Geburtstag gefeiert: Quirin ist 11 Jahre alt geworden. Gleich zum Frühstück wartete die erste Überraschung - Anina hat für ihren Bruder extra Waffeln gemacht - die Lieblingsspeise von Quirin im Sahlenweidli. Mitessen durfte trotzdem die ganze Familie.

Unter Tags liessen Sepp und Mirta ihren Kindern Zeit zum Spielen. Für einmal musste heute nicht viel gearbeitet werden. Am Geburtstag soll man schliesslich auch Spass haben. Die Kinder spielten zum ersten Mal auf der Heubühne und machten dort Verstecken hinter den Strohballen.
Quirin und Niklas bauten nach dem Flugzeug und dem U-Boot bereits zum dritten Mal etwas aus der heutigen Zeit nach: zwei Handys. Ein Stück Holz mit eingeschlagenem Nagel als Antenne musste reichen.

Nach dem feinen Frühstück wurde Quirin auch zum Mittagessen kulinarisch verwöhnt: es gab Pfannkuchen mit viel Zucker und das Geburtstagskind sagte erfreut «Die sind ja noch besser als zu Hause! Sehr gut!»
Die grösste Überraschung erwartete Quirin aber am Abend in der Live-Sendung von «Schweiz Aktuell». Der Fernsehmoderator und -koch Sven Epiney brachte dem Geburtstagskind persönlich einen Schokoladekuchen vorbei.
Quirins Lieblingskuchen aus Sven Epineys Kochsendung «Al dente» - serviert vom Lieblingsmoderatoren des 11-jährigen persönlich. Eine gelungene Geburtstagsüberraschung.
Familie Zuppiger ass seit über zwei Wochen das erste Mal wieder Schokolade. Darauf zeigte Quirin seinem Idol Sven Epiney das Sahlenweidli. Nachdem dieser das Schlafzimmer, die Küche und den Garten begutachtet hatte verabschiedete er sich wieder - den restlichen Schokoladenkuchen liess er dort. Josef, Mirta, Anina, Quirin und Niklas werden auch Morgen noch etwas für das süsse Zünglein haben.
Montag, 9. August: Saubere Sache
Heute wurde im Sahlenweidli ungehemmt und in aller Öffentlichkeit dreckige Wäsche gewaschen. Nicht, dass sich übers Wochenende die Tratschkultur im Sahlenweidli ausgebreitet hätte. Nein, für ausgiebigen Klatsch und Tratsch hätten die Zuppigers heute weder die Zeit gefunden noch die Informationen dazu gehabt. Denn seit zwei Wochen sind Josef, Mirta, Anina, Quirin und Niklas im Sahlenweidli von der Aussenwelt und dem Informationsstrom abgeschnitten.

Heute war grosser Waschtag angesagt. Nach dem Zmorge bekam Familie Zuppiger Besuch von Lotti Zobrist vom Freilichtmuseum Ballenberg - einem «richtigen Oberländer Wöschwyb», wie sie sich gleich selbst vorstellte. Bis der Haufen mit dreckiger Wäsche gereinigt werden konnte, waren allerdings aufwändige Vorbereitungen von nöten. Zuerst musste die aus Buchenholz hergestellte Asche von Quirin und Niklas gesiebt werden. Den Aschestaub füllten Mirta und Lotti Zobrist in ein Stoffsäckchen ab. In einem Waschhafen kochte derweil das Wasser auf, das bald darauf in einen grossen Holzbottich umgeschöpft wurde. Das Stoffsäckchen tauchten die Frauen ins heisse Wasser – wie anno dazumals: Statt Waschmittel sorgte eine Art Aschenlauge für porentief reine Wäsche. Was heutzutage der Schleudergang der Waschmaschine erledigt, bedeutete für die Sahlenweidli-Bewohner harte Handarbeit. Die eingeweichte Wäsche wurde mit Händen geknetet, ausgewrungen und anschliessend über ein Holzbrett geschlagen. Je nach Schmutzgrad der Wäsche wurde der Vorgang zwischen zwei und drei Mal wiederholt.

Um 1850 war der Waschtag ein seltenes Ereignis, das höchstens zweimal im Jahr stattfand. Um den grossen Aufwand für die Bauersfrauen einzuschränken, taten sich die Frauen von mehreren Höfen zusammen und bewältigten so zusammen den Waschtag. Waschfrauen - im Volksmund als Waschweiber bekannt - reisten von Hof zu Hof und unterstützten die Bauersfrauen mit Rat und Tat bei der Arbeit.

Zurück zum Waschtag im Sahlenweidli: Die gewaschenen Leintücher legten Mirta und Lotti Zobrist auf dem Feld zum Trocknen und Bleichen aus. An der Wäscheleine - vom Haus bis zur mächtigen Linde davor gespannt - hängten Zuppigers die gewaschenen Stall- und Arbeitskleider auf. Doch die Sonne mochte an diesem Tag nicht so recht durch die Wolkendecke scheinen. Nach dem von Josef zubereiteten Mittagessen mit Speck- und Spiegelei-Röschti und Salat ging die Arbeit mit Waschhafen und Aschenlauge bis zum späten Nachmittag weiter.

Während sich die Sahlenweidli-Bewohner auf die sauberen und bald trockenen Kleider freuten, suhlte sich Wollschwein Linda zusammen mit ihren Jungen sichtlich angetan in den Schlammlöchern des Schweinegeheges unweit des Waschhafens entfernt. Anina, Quirin und Niklas haben den süssen Schweinchen übrigens Namen gegeben: Lara, Lou, Lucky, Lisa und - Nemo. Nemo? «Ja, das kleinste haben wir so getauft, weil wir den Namen schön finden und Lemo doof klingt», begründete Anina die etwas ungewöhnliche Namensgebung.

Bis am Abend mochten die Leintücher zwar nicht richtig trocknen, aber immerhin waren die Nachthemder nicht mehr nass. So mussten die Zuppigers zwar für einmal ohne Oberleintuch nächtigen, dafür rochen die frisch gewaschenen Nachthemden im wahrsten Sinne des Wortes traumhaft.
Sonntag, 8. August 2004: Post für Familie Zuppiger
Heute vor genau zwei Wochen ist die Familie Zuppiger im Sahlenweidli eingezogen. Dort leben sie seither nicht nur ohne fliessend Wasser und Strom, sondern auch ohne Post. Zu Gotthelfs Zeiten kam der Postbote noch nicht jeden Tag und seine Ankunft war jeweils ein besonderes Ereignis.
Heute haben Sepp, Mirta, Anina, Quirin und Niklas nun Post bekommen. «Schweiz Aktuell» brachte der Familie rund 30 Umschläge. Zum Vorschein kamen neben den meist sehr positiven Briefen verschiedene Fotos von Freunden und den Kaninchen von Zuppigers. Die Fünf freuten sich sehr und werden die Briefe wohl noch einige Male lesen in den nächsten Tagen.

Neben den gewohnten Stallarbeiten wurde im Sahlenweidli heute noch das Emd eingeholt - es war endlich trocken. Ansonsten war es ein eher ruhiger Sonntag für die Familie Zuppiger: Die Kinder hatten Zeit zu spielen und bauten mit Hilfe von Vater Sepp ein U-Boot aus Holz. Nach dem Flugzeug von letzter Woche ist nun also schon das zweite moderne Verkehrsmittel im Sahlenweidli vorhanden.

Weniger ruhig als im Sahlenweidli selbst zeigte sich die Situation rund ums Gotthelf-Haus: es wurde ein neuer Besucherrekord verzeichnet. Knapp 500 Besucherinnen und Besucher wollten der Familie Zuppiger live bei der Arbeit zusehen und pilgerten zum Sahlenweidli. Mit Feldstechern um den Hals und Fotoapparat in der Hand stiegen sie zur «Paparazzi-Kurve» hinauf und beobachteten das Geschehen von oben.
Beim Lesen der Briefe konnten die Fans Sepp, Mirta, Anina, Quirin und Niklas leider nicht beobachten - die Umschläge wurden im Haus geöffnet.
Samstag, 7. August 2004: Der Festschmaus
Um sich die Sonntagsruhe zu verdienen, packte Familie Zuppiger heute auf dem Sahlenweidli nochmals kräftig zu. Vater Josef richtete am Vormittag das Brennholz, das am Montag für den grossen Waschtag benötigt wird. Anina und Mirta arbeiteten auf dem Acker und ernteten die Kartoffeln, um der sich rasch ausbreitenden Krautfäule zuvorzukommen.

Im Hause Zuppiger ist es Usus, dass jeweils samstags und sonntags Josef am heimischen Herd steht. Mit dieser Tradition wurde auch im Sahlenweidli nicht gebrochen. Und so bereitete Josef schon kurz nach Mittag das tags zuvor geschlachtete Huhn für das Abendessen zu. Zusammen mit Mirta kreierte er aus Mehl, Wein und Kräutern aus dem Garten eine schmackhafte Sauce.

Nach fast fünf Stunden Kochzeit war es dann soweit: Das Poulet konnte gekostet werden. Statt Kartoffeln gabs als Beilage für einmal Reis und Gemüse. Ein wahrlich opulentes Mahl stand da auf dem Tisch der Familie Zuppiger. Doch: Anina und Mirta überliessen das gekochte Huhn den männlichen Familienmitgliedern. Quirin schmeckte das Poulet nach anfänglichem Zögern vorzüglich. Josef empfing Lob für seine Kochkünste. Einzig Niklas wusste nicht so recht, was er wollte: Die seit gestern anhaltende Begeisterung über das aufwändig zubereitete Hühnchen legte sich mit zunehmender Dauer des Abendessens. «Das Fleisch ist zäh», meinte Zuppigers Jüngster nach ein paar Bissen und schob seinen Teller Josef zu. Kurz nach dem Abendessen machte Niklas erneut auf sich aufmerksam. Er klagte über Bauchschmerzen. Am Poulet kann es aber nicht gelegen haben, da bereits am Vormittag Mutter Mirta die gleichen Symptome verspürte.

Breitet sich im Sahlenweidli eine Magen-Darm-Grippe aus? Mehr dazu am Montag um 19.00 Uhr in der Sendung «Schweiz aktuell» auf SF1.
Freitag, 6. August 2004: Schlachttag
Es gibt frisches Fleisch im Sahlenweidli. Hühnerfleisch. Eine willkommene Erweiterung der Nahrungsvorräte, die zuerst verdient werden musste.
Heute Morgen, kurz nach acht Uhr, kamen die Nachbarsbauern Schenk ins Sahlenweidli um ein Huhn zu schlachten. Bei der Schlachtung selbst wollte niemand von der Familie Zuppiger zuschauen und auch beim Rupfen des Huhns wagte sich nur Sepp in die Nähe. Mirta machte mit den drei Kindern einen Waldspaziergang - weg vom Ort des Geschehens.
Nachdem die Nachbarsbäuerin Helen Schenk die ersten Federn gezupft hatte, wagte sich auch Sepp an die Arbeit. Und als wenig später alles entfernt war, begann die Bäuerin mit dem Ausnehmen des toten Tiers. Sepp wurde skeptischer, hielt das Huhn aber fest und schaute tapfer zu, wie die Innereien langsam entfernt wurden.
Mitten in der Arbeit kam die restliche Familie von ihrem Spaziergang nach Hause. Während Mirta, Anina und Quirin einen weiten Bogen um das Geschehnis machten, war Niklas’ Neugierde zu gross: Er wollte genauer sehen, was mit dem Huhn geschieht und eilte zu Sepp. Bei allem was aus dem Körper des Tiers zum Vorschein erkundigte sich Niklas: «Papi, was isch das do? » Keine Anzeichen von Ekel beim 5-jährigen.

Am Abend zuvor hatte sich die ganze Familie Zuppiger gegen die Schlachtung eines Schweins ausgesprochen - ein Huhn jedoch konnten sie vertreten. Zu Gotthelfs Zeiten mussten schliesslich auch Tiere geschlachtet werden. Philippe Ammann von der Stiftung «Pro Specie Rara» erklärt: «Nutztiere sind entstanden weil man sie genutzt hat, nicht weil sie schön zum Anschauen waren. Jedes Tier gab seinen Beitrag ans Überleben einer Familie. » Wenn ein Huhn keine Eier mehr legte oder eine Kuh keine Milch mehr gab, musste das Tier geschlachtet werden. «Pro Specie Rara» unterstützt die Schlachtung der Zuchttiere: «Je mehr die Produkte dieser Tiere genutzt werden, desto eher kann ihre Rasse erhalten bleiben», sagt Philippe Ammann.

Am Wochenende soll das Huhn gegessen werden. Wer von der Familie Zuppiger davon probieren wird ist allerdings noch unklar. Anina ganz bestimmt nicht: sie ist Vegetarierin.
Donnerstag, 5. August 2004: Der Brief
Tagtäglich bringt Werner Liechti, Postbote von Röthenbach, Fanpost ins Sahlenweidli. Da aber die Briefzustellung zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein seltenes Ereignis war, werden die Postsendungen erst nach dem Projektende an Familie Zuppiger übergeben. Der Infostand von SF DRS im Sahlenweidli wird so zur temporären Postumschlagsstelle.

Trotzdem hat heute morgen ein altertümlich gewandeter Eilbote mit einem Brief den Weg zur Familie Zuppiger gefunden. Wortkarg übergab er das versiegelte Schriftstück und zog von dannen. Der Brief war an Josef Zuppiger adressiert. Nach dem Aufbrechen des Siegels und einem ersten Leseversuch das grosse Staunen: Lediglich einzelne Wortfetzen waren lesbar, so etwa der Begriff «Zins». Der in altdeutscher Schrift geschriebene Brief stellte die Familie vor grosse Rätsel - selbst die Fernsehmacher wussten nicht, was es mit dem Schriftstück auf sich hat. Sicher ist derzeit lediglich, dass der Eilbote aus Röthenbach kommt. Fordert die Gemeinde eine Steuer für Zuppigers dreiwöchigen Aufenthalt im Sahlenweidli ein?

«Wir haben hier ja gar kein Geld», meinte Quirin unbesorgt. Josef begutachtete skeptisch die gut leserliche Datierung des Schriftstückes und meint lachend: «Da steht 28. Juli 1854 drauf. Wir leben aber um 1848. Dann warten wir halt noch sechs Jahre mit dem Beantworten des Briefes.» Mirta plagten derweil andere Sorgen: «Was machen wir nur mit den vielen Kartoffeln?» Am Nachmittag mussten die Zuppigers die von der Krautfäule betroffenen Kartoffeln ernten. Das Problem auf dem Kartoffelacker scheint gelöst, nur der ominöse Brief wird die Zuppigers wohl noch weiter beschäftigen.
Mittwoch, 4. August 2004: Hefebrot, Beeren und Pfannkuchen
Es ist Halbzeit für Familie Zuppigers «Leben wie zu Gotthelfs Zeiten» im Sahlenweidli. Weil das Brotbacken mit Sauerteig bisher noch nicht gut geklappt hat, fand heute ein Tauschhandel mit den Nachbarn statt: Zuppigers tauschten zwei Teller von ihrem Frischkäse gegen einen Würfel Hefe von Grossmutter Schenk. Mit der Hefe konnte die Gotthelf-Familie heute Abend erstmals seit zehn Tagen gutes Brot backen - Brot wie sie es sich von zu Hause aus gewohnt sind. Die Fünf werden jeden Bissen doppelt und dreifach geniessen.
Nach dem erfolgreichen Tauschhandel machten sich die Anina und Quirin zusammen mit Hund Harley auf Beerensuche. Die beiden Zuppiger-Kinder mussten rund 45 Minuten marschieren, bevor sie die «Chapf-Nase» erreichten - ein bekannter Ort für Johanisbeer-Freunde. Obwohl nicht mehr allzu viele der blauen Beeren vorhanden waren, kehrten Anina und Quirin mit zwei Körbchen voll nach Hause. Die beiden hatten sichtlich Freude an der Suche und genossen den Ausflug für einmal weg vom Hof.
Zum Mittagessen verköstigte Sepp seine Familie mit Pfannkuchen und Gemüsefüllung. Eine willkommene Abwechslung zu den sonst täglichen Kartoffelgerichten. Die Rezepte im Sahlenweidli werden immer kreativer. Zum Abendessen genossen Sepp, Mirta, Anina, Quirin und Niklas die restlichen Pfannkuchen, gefüllt mit den selbst gepflückten Johannisbeeren und Zucker.
Dienstag, 3. August 2004: Ueli der Knecht
Familie Zuppiger durfte heute die Arbeitskraft eines Taglöhners in Anspruch nehmen. Der in Langnau aufgewachsene Fernsehmoderator Ueli Heiniger ging den Zuppigers für einen Tag beim Emden zur Hand. Allerdings nicht wie abends zuvor angekündigt im Mexiko-Shirt, sondern in authentischer Knechten-Kleidung mit verrissener Hose, Hemd, Gilet und mit einem am Hosenbund befestigten Wetzsteinfass. Statt wie üblich am Dienstagabend stand der Emmentaler Fernsehmacher für einmal am frühen Dienstagmorgen vor den Kameras. Für tiefsinnige Gespräche und unterhaltende Diskussionen blieb heute morgen allerdings keine Zeit; der Moderator vom «Zischtigsclub» musste bereits kurz nach 6 Uhr anpacken.

Zusammen mit Josef machte sich Ueli der Knecht mit der Sense ans Mähen der Wiese hinter der Viehweide. Weder die Nachwehen der Feierlichkeiten zu seinem 60. Geburtstag vor vier Tagen noch das abends zuvor genossene und schwer im Magen liegende Riesen-Meringue konnten dem arbeitssamen Knecht etwas anhaben. Innert weniger Stunden war das Gras gemäht und mit der Heugabel zum Trocknen verteilt. «Ich bin sehr zufrieden mit unserem Knecht», meinte Josef Zuppiger nach dem arbeitsreichen Tag. «Ueli hat beim Mähen ein horrendes Tempo vorgelegt.» Und fügte lachend an: «Beim Zusammenrechen wird sich dann zeigen, ob Ueli sorgfältig oder einfach nur schnell gemäht hat...» Ueli Heiniger - der intellektuelle Knecht - hatte für seinen temporeichen Einsatz eine einleuchtende Erklärung parat: «Am frühen Morgen war das Gras noch nass und das Mähen fiel daher leicht. Gegen Mittag wurde es dann schon mühsamer.»

«Du Sepp», so Ueli Heiniger in einer kurzen Arbeitspause. «Jetzt müssen wir noch über meinen Lohn sprechen...» Darauf Josef Zuppiger ironisch: «Kost und Logis - mehr liegt nicht drin. Die Kost hattest du ja bereits heute morgen. Und falls du noch ein paar Tage länger hier bleiben möchtest, bieten wir dir gerne auch Logis. Aber darüber musst du mit Mirta verhandeln. Sie ist unsere Schatzmeisterin.»

Kurz vor Mittag hat ein heftiges Gewitter mit leichtem Hagelschauer das trocknende Gras in Mitleidenschaft gezogen. Kann das Emd trotzdem trocken eingebracht werden? Bleibt Ueli der Knecht ungeachtet von seinem kargen Lohn noch einen Tag länger?

Mehr dazu am Mittwoch um 19.00 Uhr in der Sendung «Schweiz aktuell» auf SF1.
Montag, 2. August 2004: Eine Woche «Leben wie zu Gotthelfs Zeiten»
Seit acht Tagen und acht Nächten leben Sepp, Mirta, Anina, Quirin und Niklas nun bereits im Sahlenweidli. Die erste Woche stellte die Familie vor einige Probleme: guten Kaffee zu rösten war nicht einfach, das frühe Aufstehen mühsam und eine Kuh konnte wegen dem verletzten Euter nicht richtig gemolken werden.
Doch die Probleme der ersten Tage meisterten die Fünf gut und inzwischen hat sich alles ein bisschen eingependelt im Sahlenweidli. Die Kuh ist wieder gesund, das Grasmähen fällt weniger schwer und das Kochen wird von Tag zu Tag einfacher. Harley geht dank Aninas Kontrolle nicht mehr ständig auf Wanderschaft und die Hühner legen täglich brav ihre Eier. Nur die Wollschweine sind noch nicht gebändigt: Es vergeht kaum ein Tag an dem sie nicht ein Loch unter dem Zaun durchbuddeln und ausreissen.
Doch auch solche Vorfälle bringen die Zuppigers nicht aus der Ruhe - noch immer waren am Abend alle Schweine zurück im Stall. Sepp, Mirta, Anina, Quirin und Niklas haben nach einem Drittel «Leben wie zu Gotthelfs Zeiten» alles im Griff - Alltag ist jedoch noch lange nicht eingekehrt im Sahlenweidli.
Sonntag, 1. August 2004: Der Kirchgang
Am Sonntag soll das harte Tagwerk ruhen: Dies galt heute auch für die Familie Zuppiger. Nach der Arbeit im Stall und dem Zmorge mit frischem Sauerteigbrot gingen Josef und Mirta mit den beiden Söhnen Quirin und Niklas in die Kirche. Nur Anina fehlte beim Kirchgang: Sie schaute im Sahlenweidli zum Rechten und kümmerte sich um die Tiere.

Schon am Vorabend haben sich die Zuppigers auf den sonntäglichen Ausflug vorbereitet. Die schönen Kleider wurden aus dem Schrank geholt und neben den Betten zurecht gelegt. Mit Kernseife befreiten sie ihre Haare vom Geruch der Rauchküche, und am Brunnen rasierte sich Josef mit dem Rasiermesser wie nach alter Väter Sitte den spriessenden Bart ab.

Mit einem Pferdegespann gings dann heute morgen vom Sahlenweidli über den Kapf nach Würzbrunnen. Nach einer knapp einstündigen Fahrt erreichten Zuppigers die Kirche, die als Schauplatz verschiedener Gotthelf-Verfilmungen berühmt wurde. Die wohl bekannteste Szene stammt aus dem 1958 gedrehten Film «Käserei in der Vehfreude»: Ein übernächtigter Kirchgänger ruft mitten in der Predigt schlafend in die Menge «Änneli, Änneli... gib mer es Müntschi».

Pfarrer Herbert Held begrüsste in der 1495 erbauten Kirche neben der Gotthelf-Familie auch eine Tauf-Festgemeinde zum 1. August-Gottesdienst. Nach der von Zither-Musik umrahmten Predigt gabs vor der schmucken Kirche einen Apéro, an dem Familie Zuppiger erstmals seit ihrem Einzug ins Sahlenweidli ein paar angereiste Verwandte traf. Niklas - Zuppigers Jüngster - sammelte derweil papierne 1. August-Fähnchen. Die vom Würzbrunnen mitgebrachten Fähnchen werden im Sahlenweidli wohl die einzigen Hinweise auf den heutigen Nationalfeiertag gewesen sein. Denn zu Gotthelfs Zeiten gabs noch keine Raketen und keine Zuckerstöcke.

Wie hat Familie Zuppiger den 1. August verbracht? Mehr dazu am Montag um 19.00 Uhr in der Sendung «Schweiz aktuell» auf SF1.
Samstag, 31. Juli 2004: Frisches Brot für Familie Zuppiger
Das Brot aus der Vorratskammer ist aufgebraucht und so musste Familie Zuppiger heute frisches backen. Mirta hatte bereits am Donnerstagabend den Sauerteig angesetzt, und Mehl ist seit dem Ausflug in die Mühle ebenfalls genügend vorhanden. Der Brotteig gelang dann auch ohne grössere Probleme - das Einheizen des Ofens stellte sich als schwieriger heraus. Ein Backofen mit Temperatur-Schalter, wie es sich die Familie Zuppiger von zu Hause aus gewohnt ist, wäre halt schon praktischer. Zum Schluss gelang das Feuer dann aber doch noch und die Brotlaibe konnten eingeschoben werden.

Fürs Erste haben sich Josef, Mirta, Anina, Quirin und Niklas entschieden zwei Brote zu backen. Die Zutaten hätten zwar für mehr gereicht - die Familie wollte aber nichts riskieren und zuerst einmal probieren, ob die Brote überhaupt geniessbar sind.

Und sie sind tatsächlich essbar, die selbstgebackenen Brote der Zuppigers. Im Gegensatz zum gewohnten Brot schmeckte das Gebäck zwar eher säuerlich, die Familie war aber positiv überrascht. Das Frühstück für die nächsten Tage ist also gesichert und Sauerteig blieb auch noch übrig. Es kann also fleissig weiter gebacken werden.

Trotzdem: das Herstellen der Brote war eine zeitaufwändige und mühsame Angelegenheit. Die Zuppigers überlegen sich deshalb in Zukunft öfters Fladenbrot zu backen als die von zu Hause gewohnten Brotlaibe. Denn: Fladenbrot ist schneller produziert und schmeckt erst noch lecker.
Freitag, 30. Juli 2004: Besuch im Sahlenweidli
Der fünfte Tag im Sahlenweidli verlief für Familie Zuppiger relativ ruhig - es standen für einmal keine Spezialaufgaben oder Ausflüge an. Dafür hatte sich Besuch angekündigt: Ingrid Deltenre, die Direktorin von SF DRS, wollte sich heute persönlich nach dem Wohlbefinden der Fünf erkundigen. Bei der Ankunft stachen der Fernsehdirektorin als erstes die kleinen Wollschweine ins Auge: «Die sind ja total süss», sagte sie und schaute ihnen beim Bad im Dreck zu.

Nach einem Blick auf die Schweine und in den Stall wurde Ingrid Deltenre von der Familie Zuppiger begrüsst. Die Fernsehdirektorin begutachtete die Schuhe der Familie, erkundigte sich nach dem Wohlbefinden von Josef, Mirta, Anina, Quirin und Niklas und gratulierte der Familie zu den bisherigen Leistungen. «Ich finde die Sendung sehr interessant und schaue jeden Abend zu», erzählte sie.

Nach einem kurzen Schwatz vor dem Haus führten Mirta und Niklas die Fernsehdirektorin durch das Sahlenweidli. «Im Fernsehen sieht das alles so schön gemütlich aus», bemerkte diese. In Wirklichkeit ist im Gotthelf-Haus jedoch alles ein bisschen kleiner und dunkler. Nach dem Rundgang im Erdgeschoss zeigte Niklas dem Besuch das Schlafzimmer im ersten Stock. Die Fernsehdirektorin musste den Kopf einziehen - die Leute waren vor 150 Jahren halt noch bedeutend kleiner.
«Möchtsch Tee oder Wasser? », fragte Niklas Ingrid Deltenre nach der Führung durchs Haus. Diese entschied sich für den Lindenblütentee und nahm auf der Bank vor dem Haus Platz. «Ich möchte euch aber nichts wegtrinken! », entschuldigte sie sich. Getränke sind im Sahlenweidli jedoch genügend vorhanden und Familie Zuppiger konnte grosszügig sein.

Nach gut einer halben Stunde verabschiedete sich der Besuch aus Zürich wieder und machte sich auf den Rückweg in die Zivilisation. Ausser Hörweite der Familie meinte Ingrid Deltenre: «Jetzt habe ich Lust auf ein kühles Eis. » Die Zuppigers waren wieder allein und arbeiteten weiter.
Donnerstag, 29. Juli 2004: Brot und Spiel(e)
Nachtruhestörer brachten die Zuppigers heute um den Schlaf. Ab sofort sorgt nachts ein Hundeführer für Ruhe und Ordnung im Sahlenweidli.
Beim Morgenessen wurde klar: Allmählich geht das Brot zur Neige, bald müssen es die Zuppigers selber backen. Unausgeschlafen, aber voller Tatendrang machte sich die Familie heute morgen mit 17 Kilogramm Dinkel auf den Weg zur Mühle Stettler hinunter nach Eggiwil, wo das Getreide zu Mehl weiterverarbeitet werden sollte. In gerade mal 15 Minuten statt der eingeplanten Stunde Marschzeit erreichten die Zuppigers die Mühle. Dort standen sie erstmals seit ihrem Einzug auf dem Hof Sahlenweidli auch den Medienleuten Red und Antwort. Mit dem gemahlenen Dinkel begab sich die Familie auf den Heimweg. Nach 25 Minuten Marschzeit und einigen von den Kindern dargebotenen Liedern - wobei sich insbesondere Niklas als Gesangstalent hervortat - erreichten die Zuppigers den Gotthelf-Hof. Am Nachmittag blieb neben den Arbeiten im Stall und in der Umgebung auch noch etwas Zeit für ein paar Runden «Tschau Sepp». Ganz nach der Devise «Brot und Spiele» wandten sich die Zuppigers nach dem Vergnügen wieder ihrem bäuerlichen Alltag als Selbstversorger zu. Bald kann der tags zuvor angesetzte Sauerteig mit dem Dinkelmehl vermengt und endlich eigenes Brot gebacken werden. Wird das Dinkelbrot gelingen? Oder muss der Sauerteig neu angesetzt werden?

Mehr dazu am Freitag um 19.00 Uhr in der Sendung «Schweiz aktuell» auf SF1.
Mittwoch, 28. Juli 2004: Alles in Butter?
Harley hält seine Besitzer weiter auf Trab. Auch heute morgen nahm der Hund der Zuppigers reissaus und erkundete die Nachbarschaft. Nun ist auch klar, weshalb Aninas Liebling immer öfter das Sahlenweidli verlässt. Auf dem Hof eines benachbarten Bauern hat Harley eine Freundin gefunden.

Josef und die Kinder machten sich am Vormittag daran, einen Tisch für die Laube zu bauen. Selbst ein diplomierter Schreinermeister ist vor Unheil nicht gefeit; Josef schnitt sich bei den Sägearbeiten in die Hand. Mirta verarztete die Wunde mit Kräutern aus dem nahen Wald. Josef liess sich durch den kleinen Zwischenfall allerdings nicht in seiner Schaffenskraft bremsen und stellte den Tisch bis zum Znacht fertig. Diese Arbeit war ihm doch wesentlich lieber, als den Rahm zu Butter zu schlagen. Nach zwei Stunden rühren hatten die Zuppigers ihre erste selbst hergestellte Butter. Der Brotaufstrich für den nächsten Tag scheint jedenfalls gesichert, sehr zur Freude der Familie. Weniger Begeisterung zeigte Josef Zuppiger, als er von Moderatorin Kathrin Winzenried einen 25 Kilogramm schweren Getreidesack bekam. Dieses Getreide werden Zuppigers morgen in der Mühle zu Mehl verarbeiten.
Erstmals wird die Gotthelf-Familie das Sahlenweidli verlassen. Wie wird sie den einstündigen Fussmarsch mit dem 25 Kilogramm schweren Getreidesack überstehen?

Mehr dazu am Donnerstag um 19.00 Uhr in der Sendung «Schweiz aktuell» auf SF1.
Dienstag, 27. Juli 2004: Kartoffeln und Schokolade...
Einen gut duftenden Espresso aus der Maschine - das hätten sich Josef und Mirta Zuppiger auch am zweiten Morgen im Gotthelf-Haus gewünscht. Doch das Rösten der Bohnen ist nicht einfach und so war der Kaffee heute zwar besser als am ersten Morgen - von einem Genussmittel kann aber nach wie vor keine Rede sein. Der Dreh ist noch nicht raus und es muss weiter geübt und probiert werden.

Während es beim Kaffee am Geschmack mangelt, stimmt bei der Milch die Menge nicht. Man könnte fast von einer Milchschwemme sprechen, die momentan im Sahlenweidli herrscht. Die Kühe geben viel mehr Milch als die fünfköpfige Familie und die Schweine im Stall trinken könnten. Ab morgen soll deshalb Frischkäse oder Butter hergestellt werden. Doch schon lauert das nächste Problem: wegen der vielen überflüssigen Milch mangelt es an leeren Gefässen im Gotthelf-Haus. Es bleibt abzuwarten wie Josef, Mirta, Anina, Quirin und Niklas dieses milchige Problem lösen werden…

Was die Getränke anbelangt, lief am zweiten Tag im Sahlenweidli bei Weitem noch nicht alles glatt. Und auch mit dem Essen ist Familien Zuppiger nicht wirklich glücklich. Nachdem es gestern «Gschwelti» und Salat gab, standen heute Mittag Bratkartoffeln und Salat auf dem Tisch. Quirin, der hauptsächlich auf Süsses steht und kein Gemüse isst, hatte nach zwei Bissen genug. Doch auch die anderen Familienmitglieder haben die «Härdöpfel» satt - und das schon am zweiten Tag! Trotzdem stehen morgen voraussichtlich wieder Kartoffeln auf dem Menüplan: dieses Mal in Form einer Rösti - immerhin mit Speck. Wegen dem Kartoffel-Koller hat Josef heute angekündigt, den Kochlöffel in Zukunft öfters selbst in die Hand zu nehmen und abwechslungsreicher zu kochen.

Den Reis in der Vorratskammer hat Familie Zuppiger bisher übrigens trotzdem nicht angerührt und auch Speck und Brot sind nach wie vor genügend vorhanden. Weil das Brot jedoch langsam hart und trocken wird, gab es heute zum Abendessen «Fotzelschnitte» - eine erste kreative Idee, die auf viele Weitere hoffen lässt.

Nach dem Znacht gabs überraschend prominenten Besuch: Schauspielerin Linda Geiser - bekannt aus «Ueli der Knecht», «Anne Bäbi Jowäger», «Die Kummerbuben» sowie als Johanna Blanc der Schokoladen-Dynastie «Lüthi und Blanc» - besuchte die Familie Zuppiger. Genau vor 50 Jahren stand Linda Geiser unter der Regie von Franz Schnyder in Eggiwil und Röthenbach für den ersten Ueli-Film vor der Kamera. Zusammen mit so bekannten Darstellern wie Stephanie Glaser, Heinrich Gretler, Emil Hegetschweiler, Erwin Kohlund, Liselotte Pulver, Alfred Rasser und Hannes Schmidhauser verfilmte sie den Gotthelf-Klassiker. Fünf Jahrzehnte später kehrte die heute grösstenteils in New York lebende Schauspielerin erstmals wieder in die Region des Ueli-Drehs zurück. Beeindruckt vom neuen Leben der Zuppigers meinte Linda Geiser nach ihrem Besuch: «Mir hats sehr gut gefallen im Sahlenweidli. Ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt. Mein 'Grossätti' hat damals auch so gewohnt.» Und dann gabs zum Abschied noch ein ganz besonderes Geschenk: Niklas pflückte für sie einen wunderschönen Blumenstrauss. Früh übt sich, wer ein richtiger Gentleman werden will...
Montag, 26. Juli 2004: Die Ausreisser
Ein «tierischer» Tag für die Familie Zuppiger: Nach einer kurzen Nacht hiess es in aller Herrgottsfrühe aufstehen. Um 6 Uhr mussten im Stall die Kühe gemolken und mit frisch gemähtem Gras versorgt werden. Erst als auch die Wollschweine versorgt waren, setzten sich Zuppigers an den Zmorgetisch. Statt Kaffee gabs Lindenblütentee, der ausnahmsweise auch Kaffeeliebhaber Josef schmeckte. Die Kaffeebohnen rösteten derweil über dem Feuer - unter den wachsamen Augen von Anina. Der aus den gerösteten Bohnen zubereitete Kaffee wollte allerdings den Zuppigers nicht so recht munden, was aber keineswegs an Anina lag. Vor 150 Jahren schmeckte der Kaffee halt anders als die heute angebotenen Mischungen.

Wie bereits am Vortag forderten die Wollschweine das Laufvermögen und die Geschicklichkeit der Zuppigers. Auf dem Rückweg vom Weidegehege in den Stall nahmen die drei Mastschweine reissaus. Friedlich auf dem Miststock suhlend, konnten sie kurz darauf von Mirta und Josef wieder eingefangen werden.

Frisch gestärkt - zum Zmittag gab es Gschwellti und Salat - legte die ganze Familie beim Bau des Weidezaunes für die Hinterwälder Rinder Hand an. Vater Josef setzte mit Niklas die Pfähle, Mutter Mirta schleppte die Holzläden herbei und Quirin und Anina nagelten die Bretter an die versenkten Holzpfähle.

Einem Mitglied der Familie Zuppiger war allerdings ganz und gar nicht nach Arbeit zumute. Statt auf der Weide über die Familie zu wachen, folgte Hund Harley seinem Entdeckerdrang. Am frühen Nachmittag machte er einen kleinen Abstecher in die unmittelbare Nachbarschaft, etwas später setzte er seine Erkundungstour auch in der weiteren Umgebung fort. Am Abend traf dann der Hund von Zuppigers - spürbar beschämt, aber um eine Horizonterweiterung reicher - wohlbehalten im Sahlenweidli ein. Sehr zur Freude der Kinder, die ihren vierbeinigen Freund vermisst hatten. Waren es die schönen hügeligen Weiten des Emmentals, die Harley in die Ferne lockten? Heimweh? Oder gar eine neue vierbeinige Bekanntschaft?

Mehr dazu am Dienstag um 19.00 Uhr in der Sendung «Schweiz aktuell» auf SF1.
Sonntag, 25. Juli 2004: Ankunft
Es war kurz nach 18 Uhr als Familie Zuppiger mit ihrem Auto auf dem Hof Sahlenweidli eintraf. Vater Josef, Mutter Mirta und die Kinder Anina, Quirin und Niklas nahmen im Gefolge von Hund Harley ihr neues Zuhause in Augenschein. Seit dem Casting hat sich hier im Sahlenweidli einiges getan: Die elektrischen Einrichtungen wurden aus den Räumen entfernt, der Holzofen durch ein kochtaugliches Modell ersetzt und das Mobiliar ganz auf das 19. Jahrhundert abgestimmt.

Im Gehege neben dem Stall weidete Wollschwein Linda zusammen mit ihren sechs Jungen. Josef musste sogleich seine bäuerlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen, und im Dinkelfeld ein entlaufenes Jungtier einfangen. Wohl nicht das letzte Mal für die nächsten drei Wochen...

Dann hiess es für Zuppigers Abschied nehmen vom modernen Alltag: Josef rauchte seine letzte Zigarette, Niklas - der jüngste Spross der Zuppigers - blätterte noch einmal einen Asterix-Band durch. Mirta, Quirin und Anina entledigten sich ihrer Schuhe. Und dann konnte die Zeitreise beginnen. Familie Zuppiger tauschte ihre Kleidung gegen gotthelfkonforme Hosen, Röcke und Hemden.

Wie haben Zuppigers ihre erste Nacht in ihrem neuen Zuhause verbracht? Wer musste am Morgen früh auftstehen, um die Kühe zu melken? Zu sehen am Montag um 19.00 Uhr in der Sendung «Schweiz aktuell» auf SF1.